ZAGREB GUITAR QUARTET

Das Zagreb Guitar Quartet wurde 1990/91 in Kroatien gegründet und startete als ein Schulensemble in der so genannten Elly Bašić Music School in der Hauptstadt Zagreb.

Hat schon jemand Bach erwähnt?

Bach. Es gibt keinen Zweifel, wer der faszinierendste Komponist für klassische Gitarrenquartett-Musik ist: Bach. Er war es immer und wird es immer sein. Wir kommen auf Bach zurück während des Interviews, aber zunächst möchte ich Ihnen dieses hoch geschätzte klassische Gitarrenquartett vorstellen:

Das Zagreb Guitar Quartet wurde 1990/91 in Kroatien gegründet und startete als ein Schulensemble in der so genannten Elly Bašić Music School in der Hauptstadt Zagreb. Wie wir alle wissen, herrschte während der frühen 1990er Jahre in Kroatien und dem Balkan ein schrecklicher Krieg, so dass die Band und die Proben der einzige Weg waren, einmal der harten Realität zu entkommen.
Seitdem haben bereits mehrere verschiedene Musiker im Quartett gespielt. Krunoslav Pehar und Melita Ivković, mit der ich das Vergnügen habe, das Interview zu führen, sind die einzigen verbliebenden Mitglieder aus der frühen Zeit. Melita erzählt, dass im Quartett anfänglich auch die Freundschaft untereinander eine wichtige Rolle spielte.

Sie verbrachten viel Zeit miteinander und wenn sie nicht probten, saßen sie abends zusammen, um Keith Jarretts Solo-Piano-Alben und Julian Breams Gitarrenaufnahmen zu hören – um nur einige Namen zu nennen. Breams Gitarrenspiel hatte einen großen Einfluss auf Melita.

Von Bach zu Jazz und Lateinamerikanischer Musik
Und heute gehört der zuvor erwähnte Bach noch immer zum Repertoire:

- Wir bekommen die besten Kritiken für unsere Bach-Aufführungen. Das Publikum ist besonders begeistert, wenn wir Bach spielen. Selbst den Leuten gefällt es, von denen man es nie erwartet hätte.

- Ein Beispiel: Wir spielten einmal in einer sozialen Einrichtung für Jungen und Mädchen in den USA. Und die Teenager, die normalerweise Hip-Hop und R & B hörten, erzählten uns, dass sie die Musik von Bach am liebsten mochten (und das, obwohl wir auch einige rhythmische Latin- und Spanish-Stücke gespielt hatten).

- Daraus ergeben sich einige interessante Aspekte: dass wir am besten ankommen, wenn wir unsere Lieblingsmusik spielen, und dass Bachs Musik alle Genres und Vorurteile überwindet.

Das ist noch nicht alles über Bach. Als ich Melita frage, welche Komponisten sie besonders gern interpretiert, antwortet sie:

- Hat schon jemand Bach erwähnt? Ok, zum Repertoire gehörten schon zahlreiche Stücke von der Renaissance bis zum Jazz – wirklich! Zum Beispiel klingt französische Cembalo-Musik (Francois Couperin) fantastisch auf vier Gitarren. Auch unsere Arrangements von Oscar Petersons Klaviermusik kommen bestens an. Und lateinamerikanische Musik ist eine Welt für sich: Alberto Ginastera, Astor Piazzolla...

- Ich spreche des öfteren von Arrangements (oder Umschreibungen), weil es nicht viel im Original für Gitarre und geschweige denn vier Gitarren geschriebene Musik gibt.

Alle Musik entstammt einem gemeinsamen Ozean
Melita erklärt, dass einige zeitgenössische Komponisten vier Gitarren wie moderne rhythmische Musik klingen lassen – zum Beispiel Leo Brouwers Werke für Gitarrenquartette. Und die Musiker des Quartetts spielten in anderen Bands, als sie jung waren, während Melita ein Bossa Nova-Projekt mit einem Sänger verfolgte.

Raum für große Akustik
Wirst du durch aktuelle rhythmische Musik inspiriert, wenn du klassische Musik interpretierst?

- Wir werden durch alles inspiriert – zum Beispiel die Freiheit und Ausdruckskraft von Jazzmusikern. Jazz unterscheidet sich gar nicht so sehr von der Musik, die wir spielen. Während sich Grafik-Design mit der Gestaltung weißer Flächen beschäftigt, nutzt auch Musik Zeit und Raum. In jedem Musikstil.

- Oder nenne es Groove, wenn du magst. Du findest bei Bach genauso viel Groove wie in moderner Musik. Steve Reich sagte: „Du zapfst dein Unterbewusstsein an, das mit Musikgeschichte gefüllt ist“. Die gesamte Musikgeschichte entstammt einem gemeinsamen Ozean.
- Manche Räume und Kirchen haben einen so wunderbaren Klang, dass neue tolle Ideen spontan an Ort und Stelle entstehen. Andererseits fressen manche extrem große Kirchen deinen Sound förmlich auf, und Leute, die nicht nahe genug bei den Musikern sitzen, hören ein psychodelisches Mumbo-Jumbo.

- Einige der besten Plätze für klassische Gitarren sind alte, kleine Kirchen aus Stein an der dalmatinischen Küste. Als wir vor zwei Jahren in Dänemark spielten, war auch die Hellig Kors Kirche in Jyllinge ein fantastischer Ort, sagt Melita.

Aufnahmen und HiFi
Akustik und Klang sind offensichtlich entscheidende Elemente in einem klassischen Gitarrenquartett. Was denkst du über guten Klang, HiFi und Lautsprecher?

- Wir begannen als Gruppe enthusiastischer junger Leute und spielten über viele Jahre zahlreiche Konzerte. Als wir nach etlichen Jahren Konzerterfahrung das erste Mal in ein Studio kamen, waren wir vom dortigen Sound erschüttert.

- Eine klassische Gitarre aufzunehmen, ist nicht einfach. Man braucht einen guten Tontechniker und jahrelange Erfahrungen, um unseren Sound entsprechend umzusetzen. Deshalb dauerte es rund 15 Jahre, bis wir eine CD veröffentlichten.

- Vor ein paar Jahren eröffnete ich mit meinem Freund Predrag Ćosić, der Toningenieur und ein Rock- und Jazzgitarrist ist, in Zadar ein Aufnahmestudio. Hier nimmt das Quartett nun – genauso wie einige weitere Musiker – CDs auf. Ich fühle, dass es ein ganz wichtiger Schritt im Leben eines Ensembles ist, ein eigenes Studio, Raum und Zeit zu haben.

- Tja, HiFi. Es ist wahr, dass wir Musiker selten mit vernünftigen HiFi-Komponenten hören. Aber nicht, weil wir Ignoranten wären, sondern meistens weil uns das erforderliche Kleingeld dafür fehlt, lacht Melita.

Aufnahmen für die Zukunft
Wie fühlt es sich an, als klassisches Gitarrenquartett ein Bestandteil der Musikindustrie und der modernen Medienwelt zu sein?

- Klassische Gitarrenmusik ist eine kleine Nische in der eh schon sehr überschaubaren Klassikbranche, die wiederum ein winziger Teil der schrumpfenden Musikindustrie ist. Sehr optimistisch, nicht wahr? Andererseits mag ich die Tatsache, dass wir unserer Musik heute abseits der traditionellen Vertriebswege online veröffentlichen können, so dass uns die Leute auf der ganzen Welt hören können.

- Aufnahmen sind heute die Priorität. Wir möchten der Nachwelt gern einige gute Musik hinterlassen. Meine Absicht ist es, weiter zu lernen und zu wachsen – persönlich und im Quartett.

Ich traf Melita in Zadar an der dalmatinischen Küste, und es ist ein wunderbarer Frühlingsabend nach einem 20 Grad warmen sonnigen Samstag, als sie diese Fragen beantwortete.

Das Quartett spielte gerade in Belgien auf dem Brüsseler International Guitar Festival. Und ich bin mir sicher, dass das Publikum an diesem Abend das fantastische Klassik-Ensemble aus Kroatien mit bestmöglichen Sound und optimaler Akustik genießen konnte.

- Rune H. Jensen, rhj@dali.dk

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